Oma
von Lenchen Teil 1
Liebe Oma,
heute ist es ein Jahr her, dass du nicht mehr bei uns bist – und ich weiß manchmal gar nicht, ob ich gerade mehr im Verdrängen bin oder in einer tiefen Traurigkeit. Wahrscheinlich beides. Ich spüre es jedenfalls deutlich – durch innere Anspannung, unruhigen Schlaf und diese bleierne Schwere in meiner Stimmung. Es ist, als würde mein Körper genau wissen, was für ein Tag heute ist, auch wenn ich es innerlich so gern verdrängen würde.
Ich denke oft daran, wie du warst: so lebensfroh, so positiv. Und ich weiß, du würdest bestimmt nicht wollen, dass ich heute so traurig bin. Du würdest sagen, ich soll nach vorne schauen, das Leben umarmen, dankbar sein. Und das bin ich auch – zumindest ein Stück weit. Ich bin unendlich dankbar, dass Johnny da ist. Dass es ihm gut geht. Und ich weiß: Auch das habe ich dir und meinen anderen Lieben zu verdanken.
In den letzten Tagen warst du besonders oft in meinen Gedanken. Da war zum Beispiel jemand in der T, der Timmendorf genauso sehr liebt wie wir beide. Als ich mit dieser Person darüber sprach, hatte ich plötzlich das Gefühl, dir ganz nah zu sein. Plötzlich war alles wieder da – die gemeinsamen Urlaube, das Meeresrauschen, die Sonnenstrahlen auf der Haut, dein Lachen. Es war wunderschön – und zugleich so traurig. Wunderschön, weil diese Erinnerungen voller Liebe und Wärme sind. Traurig, weil sie eben „nur noch“ Erinnerungen sind.
Oma, ich danke dir von Herzen für all das, was du mir geschenkt hast: Für die Liebe, für die Geborgenheit, für die vielen kleinen und großen Momente. Dafür, dass du mir schwimmen beigebracht hast. Dass du immer an mich geglaubt und mich angefeuert hast, bis ich mein Seepferdchen geschafft habe – und dann Bronze, und dann sogar Silber. Du hast mir die Liebe zum Wasser geschenkt. Zum Schwimmen. Zu Timmendorf. Und überall, wo Wasser ist, da fühle ich dich. Da nehme ich dich mit – in meinem Herzen.